Ich reiße Klopapier von der Rolle.
Sitzt du auch manchmal am Klo mit einem Blatt Klopapier in der Hand?
Ist noch wer da draußen?
Ich falte die Blätter einmal in der Mitte. Dann nochmal.
Ich frage mich, wieso ich es tue. Denn mal ehrlich, es ist schon schräg am Klo zu sitzen und mit Klopapier zu spielen.
Ich spanne die Reihe an Blättern zwischen meinen Knien zu einer Brücke.
Wenn die Welt zerfurcht ist, ist eine Brücke oft die einzige Chance. Wenn ich einen Fuß vor den anderen setze, komme ich irgendwann ans Ziel. Das nächste Ziel ist die andere Seite.
Ich sehe zu, wie das Papier unter Spannung gerät, wenn ich es auseinanderziehe. Klopapier ist nicht dehnbar. Mit einem Finger beginne ich in die Rillung zu stechen.
Ein Loch.
Ich reiße es weiter ein. Das Papier fällt. Die Brücke ist gebrochen.
Ich falle auf die Knie. Schaue hinab, in die Tiefe vor mir. Mir wurde der Weg abgeschnitten.
Mein Blick wandert zu den losen Enden des Papiers, welche von meinen Oberschenkeln hängen. Was mach ich nun damit?
Ich falte das Papier weiter zusammen, reiße es in Streifen und zerknülle es dann zu einem Ball.
Schützend halte ich meine Arme um meinen Körper. Rolle mich zusammen, um mich selbst zu halten. Wenn du alles bist, was dir bleibt, lernst du es wertzuschätzen.
Ich stehe auf und werfe das Papier in die Kloschüssel. Betätige die Spülung und schaue zu, wie der Ball vom Strudel erfasst wird und in die Tiefen der Anlage gespült wird.
Meine Welt ist schon vor langer Zeit zerbrochen. Was mit der Brücke passiert ist, ist nur noch eine Kleinigkeit. Früher war es schon ein Problem, wenn die Klopapierrolle nicht unendlich war und ich irgendwann ohne Papier dasaß. Mittlerweile habe ich es gelernt, mich nicht niederringen zu lassen. Meine Welt ist nicht mehr aus Glas. Ich habe mich gestärkt, um nicht mehr so leicht zu zerbrechen.
Mit einer Hand öffne ich die Tür und gehe zurück in die Klasse.