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Eine Welt aus Scherben

Es gibt eine nicht reale Welt, in der alles ist wie in unserer, bis auf eine Sache. Stell dir vor du wirst in diese surreale Welt geboren, eine ganz normale Geburt. Deine Eltern sind glücklich, dass sie dich endlich kennenlernen und die Ärzte sind froh, dass die Geburt gut verlaufen ist, doch irgendwas ist anders. Plötzlich bemerkst du, dass du einen Rahmen über deinen Kopf trägst. Er schwebt, bei dir kleiner als bei den Erwachsenen. Doch bei deinen Ärzten und Eltern ist er gefüllt mit Glasscherben. Du bist verwirrt, weißt nicht was dir geschieht und schließt deine Augen. 

6 Wochen später

Du liegst in einer Wiege, eingedeckt in flauschigen Decken. Deine Eltern schauen auf dich herab, lachen dich an und spielen mit dir. Komisch denkst du dir, jetzt haben sie noch immer diese komischen Rahmen über dem Kopf. Du schenkst deine Eltern dein erstes Lächeln. Sie sind überglücklich. Doch plötzlich bemerkst du etwas, ein klitzekleines Glasstück erscheint ihrem Rahmen.

3 Jahre später

Du rennst mit deinem Kuschellöwen durch die Wohnung deiner Eltern. Den Rahmen trägst du immer noch über deinem Kopf, ohne zu wissen, was er bedeutet. Doch darüber machst du dir noch keine Gedanken. Du läufst wie wild, ohne auf deine Umgebung zu achten. Plötzlich klirrt es laut. Du schreckst auf und springst zu Seite. Deine Eltern kommen angelaufen mit erschrocken Gesichtern. Deine Mutter sinkt weinend auf die Knie, dein Vater daneben mit seiner Hand am Rücken deiner Mutter. Warum weinen sie über eine zerbrochene Vase wo eh nur Staub drin ist, fragst du dich. Du siehst, wie langsam ein winziges Glasstück aus ihren Rahmen verschwindet.

8. Lebensjahr

Du verstehts es nun. Das mit den Rahmen. Der Rahmen kennzeichnet dein Leben, die Glasstücke die Erinnerungen. Mit jeder schönen kommt eine dazu, mit jeder schlechten eine weg. Warum das so ist, verstehst du noch nicht.

16. Lebensjahr

Dein Großvater ist alt geworden. 85, um genau zu sein. Doch heute stehst du hier. Im schwarzen Kleid vor seinem Grab mit duzend anderen Menschen, bei manchen bist du dir nicht einmal sicher, ob sie ihn kannten. Er wurde vor 15 Minuten hinab gelassen in sein Grab, traurig war es. Die engste Familie hat geweint, andere haben ihn mit, schon fast Hass angeschaut. Aber warum waren sie dann hier? Jetzt liegt er dort, verschüttet mit Erde. Doch dieser Rahmen schwebt noch immer über seinem Grab. Er ist nur zwei Drittel gefüllt. Ist das der Grund für diese Verachtung, für den Hass?

17. Lebensjahr

Du hast es nun endgültig heraußen. Menschen, die am Ende ihres Lebens ihren Rahmen gefüllt haben mit einer Glasplatte haben ihr Leben gut gelebt und werde als vollwertige Menschen anerkannt. Doch Personen mit einem nicht vollwertigen Rahmen wird keine Beachtung geschenkt. Du bist jede Woche deinen Großvater an seinem Grab besuchen gegangen. Viele Tote hatten ein erfülltes Leben, nur wenige keins. Ab diesem Zeitpunkt verspürst du den Druck.

35. Lebensjahr

Dieser Duck, du wirst ihn nicht mehr los. Der Druck der Gesellschaft ein erfülltes Leben zu verbringen ist groß. Schon dein ganzes Leben zwingst du dich zu Sachen, die dir eigentlich keinen Spaß machen. Reisen, Ausflüge, Heiraten, Kinder bekommen. Natürlich wolltest du Familie, aber erst später. Aber früh eine Familie zu gründen, gehört zu einem erfüllten Leben dazu.

60. Lebensjahr

Du hast aufgehört es zu versuchen, du bist viel zu alt und hast deinen Rahmen noch nicht gefüllt. Du fühlst dich, als ob du weniger wert bist, als ob du dein ganzes Leben noch nie genug gewesen bist. Ob sich so auch dein Großvater gefühlt hat?

78. Lebensjahr

Du liegst auf deinem Bett. Müde, erschöpft und voller Hoffnung. Deine Familie umgibt dich, wie auf jener Beerdigung deines Großvaters. Du weißt, dass du nicht mehr lange hast und es jeden Moment so weit sein kann. Doch du bist nicht traurig, sondern froh, dass du dem Druck nicht mehr standhalten musst. Dein Licht erlischt, mit dem Blick auf deine Enkelkinder gerichtet.

Klingt verrückt, ist aber Realität...


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