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Nicht jedem bringen Scherben Glück

Es war spät. Ich ging die Gasse entlang, im matten Licht der Straßenlaterne schienen sich die Müllhaufen vor den längst vollen Tonnen wie von selbst zu bewegen, wenn sich Ratten, Mäuse oder weiß ich welch Kreaturen, durch das alte Zeitungspapier, unzählige Kartons und Haufen voll zerbrochenen Flaschen wühlten, immer auf der Suche nach umherliegenden Essensresten. Ich blickte auf, die Straßenlaterne über mir flimmerte kurz, dann erlosch sie. Es war finster, Ich hüllte mich enger in meine Jacke, Schneeflocken rieselten mir ins Gesicht, eiskalt rannen sie mir den Hals hinunter. Es hatte viel geschneit, auf dem unregelmäßigen Pflaster unter meinen Schuhen bildete sich eine immer dicker werdende Schneeschicht, bald würde man die Müllhaufen unter der weißen Decke gar nicht mehr erkennen.   

Langsam wurde es ein wenig heller. An der Wand hing eine Lampe. Direkt darunter war eine Tür, ich ging darauf zu und öffnete sie, warme Luft und ein Geruch aus einer Mischung aus Schweiß und Alkohol strömte mir entgegen, Ich ging hinein und hängte meine Jacke auf einen Hacken, anschließend bewegte ich mich direkt zu einem Tisch etwas abseits und setzte mich. An dem Tisch saßen bereits zwei weitere Männer. Zum einen ein kleinerer Mann, dessen Harre und ordentlich gestutzter Schnurrbart, schon einen deutlichen Graustich hatten, daneben ein etwas jüngerer, vollbepackt mit Muskeln, welche jedoch momentan, zusammen mit einer beträchtlichen Ansammlung diverser Waffen unter einem weiten Mantel versteckt waren. Ich zog meine Handschuhe aus und legte sie auf die grobe Eichenplatte, dann holte ich eine Zigarre aus meiner Tasche, zündete sie an und nahm einen Zug. Rauchringe stiegen in die Luft. Der Mann zu meiner Rechten, der ältere, hob seine Hand. Mit leichtem, französischem Akzent bestellte er ein Glas Wodka für sich, und eins für mich. Der Kellner kam, er war einer der Sorte, die wussten, dass weder mit mir, noch mit sonst einem an diesem Tisch, zu spaßen war, er stellte die Glässer auf den Tisch und verschwand wieder zurück in ein Hinterzimmer.

Der Mann mit Schnurbart hob sein Glas and die Lippen, nickte mir zu und trank einen großen Schluck, ich erwiderte das Nicken und nahm ebenfalls einen Schluck. Dann lehnte ich mich vor und legte eine lederne Mappe auf den Tisch. Der jüngere Mann nahm sie und steckte sie sich in die Tasche, daraufhin legte der ältere Mann ebenfalls etwas auf den Tisch, ein Bündel 100 Dollar Noten, dabei stieß das halbleere Glas um, er ließ die Überreste einfach liegen, dann hob er den Blick und sah mir in die Augen. Ich spielte mit einer Scherbe in meinen Händen, legte sie vor mir auf den Tisch und hob ebenfalls den Blick. Er musste blinzeln, als sich das Licht in meinem Glasauge spiegelte, dann nach wenigen Sekunden wandte er den Blick ab, ich senkte den Kopf, schob den Stuhl zurück und sagte ihm, es freue mich mit ihm Geschäfte zu machen, dann sah ich ihn noch einmal in die Augen und stand auf, meine schwarzen, unergründlichen Pupillen waren das letzte, was er je sehen würde. Der Mann setzte sich und gab ein kaum merkbares Zeichen. Wie aus dem Nichts war es dreimal so laut in der kleinen Bar, zwei Männer waren aufgestanden, ein anderer folgte, alle hatten etwas in der Hand, etwas ganz bestimmtes, einen Atemzug später erklangen Schüsse, Glässer zerbarsten, der Boden war übersät mit weiteren Scherben. Der Klang von Maschinengewehren erfüllte den Raum. Doch ich war vorbereitet, mit zwei großen Schritten war ich an der Tür, raus in die Dunkelheit.

Die Männer schwärmten in alle Richtungen aus, ein Schuss aus der Pistole des jüngeren Mannes streifte das Pflaster, nicht weit von mir, doch ich war weg, verschwunden in dem Chaos der Londoner Straßen.

Langsam wurde es still, alle waren weg, bis auf den Mann, seine Haare waren verwühlt, seine Kleidung zerknittert, so lag er auf dem Boden, inmitten einer immer größer werdenden Blutlache, eine gewisse Glasscherbe in seiner Brust.


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