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Unsichtbar sichtbar? (1)

Katriena Perl

Ich tippe. 

Ich wische.

Ich scrolle.

Mein Gesicht,

ein Spiegel für Licht.

Punkte auf einem Display.

Ich bin hier.

Doch wer sieht mich?

Wer weiß noch,

dass ich da bin?

Ein Profil

unter Tausenden.

Meine Worte,

meine Bilder,

mein Gesicht –

sie treiben durch Kabel,

durch Glasfasermeere,

durch Serverräume.

Ich bin auffindbar.

Und doch,

durchsichtig.

Austauschbar.

Ich schreibe.

Doch meine Worte verhallen

zwischen Memes,

Werbung,

den Posts der anderen.

Ein seltsames Gefühl.

Ich bin Gläsern.

Nicht, weil ich übersehen werde,

sondern,

weil zu viel von mir zu sehen ist.

Jede Nachricht,

die ich sende,

könnte bleiben.

Jedes Bild,

das ich teile,

könnte jemand besitzen.

Jemand Fremdes.

Jemand, der nichts Gutes denkt.

Ich bin gläsern.

Alles an mir

könnte gelesen,

gespeichert,

geteilt werden.

Und trotzdem bleibe ich online.

Nicht, weil ich will,

sondern weil ich glaube,

ich muss.

Denn sonst

werde ich übersehen.

Unsichtbar.

Unauffällig.

Doch wäre das nicht

vielleicht sogar besser?

Manchmal

denke ich an eine Wand,

undurchsichtig.

Still.

Ruhig.

Ohne Angst,

etwas zu verpassen.

Ich frage mich

Wer bin ich ohne Bildschirm?

Ein Echo im Glas?

Ein Name im Scrollen?

Ein Herzschlag,

den niemand hört?

Und dann,

nehme ich mein Handy in die Hand.

scrolle.

tippe.

wische.

Stundenlang.

Mit einem wisch

öffnet sich die Welt.

Ich sehe andere.

Doch sehen sie mich?

Und ich frage mich:

Wer bin ich?

Wie viel bleibt mir von mir,

wenn ich mich durchsichtig mache?

Bin ich noch ich?

Vielleicht

bin ich mehr

als Lichtpunkte.

Nicht nur ein Name

im Vorüberwischen.

Vielleicht,

liegt etwas vor mir.

Zwischen den Zeilen.

Zwischen den Bildern.

Zwischen den Bewegungen.

Etwas,

das keiner sieht.

Ein Leben.

Irgendwann

kann ich mich sehen,

bevor andere es tun.

Irgendwann

darf ich glitzern.

Selbst im Glas.

Selbst durchsichtig.

Und trotzdem,

Ich.

Und dann,

wenn niemand hinschaut,

dann werde ich leuchten.

Für mich.

Leise.

Klar.

Eigen.

Wie Glas,

das Licht bricht.


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