Es war einmal ein junger Mann namens Gerhard. Er lebte in einem kleinen Dorf und war sehr neugierig. Jeden Tag stellte er neue Fragen:
„Wie sehen die Sterne aus, wenn man ihnen ganz nahe ist? Wie sieht die Welt hinter den Bergen aus? Und wie schön wäre es, wenn man durch Dinge hindurchschauen könnte?“
Die Leute im Dorf lachten oft über ihn. Doch Gerhard hörte nicht auf zu träumen. Eines Abends saß er am Fluss und spielte mit dem feinen Sand. Da erschien eine alte Frau. Ihr Kleid glitzerte wie der Regenbogen, und ihre Augen leuchteten wie Sterne.
„Du suchst Klarheit, junger Mann?“ fragte sie.
„Ja“, antwortete Gerhard, „ich möchte die Welt besser sehen.“
Da sprach die Frau:
„Nimm den reinen Sand vom Ufer. Entzünde ein großes Feuer, das heißer brennt als alle anderen. Und wenn du Sand und Feuer verbindest, wird etwas Neues geboren – so durchsichtig wie Tau, so hell wie das Licht und so stark wie Stein.“
Gerhard tat, was sie sagte. Er sammelte Sand, machte ein gewaltiges Feuer und legte die Körner hinein. Der Sand begann zu schmelzen, zu glühen und zu fließen. Und als er wieder kalt wurde, lag etwas Wunderbares vor ihm: das erste Glas. Die Dorfbewohner staunten. Durch das Glas sahen sie das Feuer, ohne dass der Rauch störte. Sie ließen das Licht in ihre Hütten fallen, sie bewahrten Wasser und Wein darin auf, und zum ersten Mal konnten sie ihr eigenes Gesicht spiegelklar erkennen. Von diesem Tag an reiste das Glas von Dorf zu Dorf, von Land zu Land. Es brachte Licht, Klarheit und Staunen in die Welt. Und so kam das Glas zu den Menschen.
Und wenn es nicht zerbrochen ist, dann glänzt es noch heute.