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Hinter Glas

Durch eine Glasscheibe konnte man ein Lebewesen tief und fest schlafen sehen. Es hatte zwei Arme und zwei Beine sowie keine Haare, außer auf dem Kopf. Rechts von der Glaswand stand das Wort „Thomas“ und darunter „Gattung: Mensch“. Was sollte das bedeuten? Ein Blick nach links zeigte die nächste Glasscheibe. Bei genauerer Betrachtung erkannte man, dass es eine Glaszelle war. Darin war auch jemand. Diesmal eine Gestalt ohne Arme, ohne Beine, nur eine braune schleimige Gestalt mit zwei geschlossenen Augen. Rechts stand wieder ein Schild mit einer Beschreibung. Alles ähnelte einem Zoo. Und wirklich: Es waren nicht nur zwei Käfige. Es handelte sich um den ersten interplanetaren Zoo des Universums. Dieser befand sich nicht auf einem Planeten, sondern auf einer Raumstation, 30 Lichtjahre vom Planeten Erde entfernt. Das heimische Volk war allen anderen im Universum technisch sowie körperlich überlegen, und aufgrund von Langeweile, bauten sie diesen Zoo mit Insassen aus der ganzen Galaxie. 

Plötzlich machte es laut „Dong“, sodass alle erschraken oder aufwachten. Auch Thomas, der junge Mensch. Er schaute sich um und sah, dass er sich in einem Raum mit einem Bett, einem Waschbecken und einem Klo befand. Der Boden war gefliest, und alle Wände außer einer der vier waren weiß verputzt. Die vierte war eine riesige Glasscheibe. Er wusste nicht, was geschah und wieso er hier war, also ging er langsam zu ihr. Als er hindurchschaute, lief es ihm kalt den Nacken herunter. Er sah einen riesigen Gang, und seitlich waren tausende andere Lebewesen in ähnlichen Räumen eingesperrt. „Wo bin ich nur?“ Langsam kamen die ersten Wesen, die sich beim Anblick der Eingesperrten reichlich amüsierten. Thomas schrie um Hilfe, aber keiner beachtete ihn. Es schien, als könne ihn niemand hören. Die Zeit verging und Thomas verstand die Welt nicht mehr. Er war doch nur an einem normalen Sonntag schlafen gegangen und jetzt war er in irgendeinem Raum, umgeben von fremden Gestalten, aufgewacht.

Auf einmal hörte er eine tiefe Stimme durch einen Lautsprecher:

„Willkommen im interplanetaren Zoo. Deine Aufgabe ist es, dass unser Volk, die Orbituren, amüsiert wird – und sonst nichts.“ Lachend verschwand die Stimme. Er war in einem interplanetaren Zoo, wie konnte das nur sein? Er schaute hinaus, aber an seiner Lage änderte sich nichts.

Genau so ging es Tag für Tag. Einmal am Tag gab es irgendeine Brühe zum Essen, ansonsten herrschte pure Langeweile. Eines Nachts konnte er mit den Gedanken an seine Familie nicht einschlafen und beschloss, sich ein wenig zu bewegen. Im Glaskäfig war es stockfinster, und von Geräuschen war weit und breit nichts zu hören. Er ging zur Glasscheibe und schlug dagegen. Er wollte bloß seine Wut rauslassen. Auf einmal zerbrach die Scheibe in tausend Stücke. Es war kaum zu überhören, jedoch passierte nichts. Keine Reaktion, kein Licht, gar nichts.

Langsam und verwirrt ging er durch das zerbrochene Glas hindurch. Wieder passierte nichts, also ging Thomas weiter. Er schaute sich um und sah all die Käfige mit den anderen außerirdischen Lebewesen. Es war dunkel, doch das Schimmern der Gläser war nicht zu übersehen. Er nahm all seinen Mut zusammen und ging den Gang weiter. Auf einmal ging eine Sirene los. Thomas wusste sofort, dass es wegen ihm war. Er wollte jedoch nicht wieder zurück, deshalb rannte er so schnell wie möglich den Gang entlang.

Am Ende des Ganges waren drei Türen, die jeweils mit einer Schrift beschriftet waren, die er nicht entziffern konnte. Schon konnte man die ersten Schritte hören. In Panik riss er die erste Tür auf und rannte hinein. Wo war er nun? Ein kleines Licht ging an und zog Thomas Blick auf sich. Beim Anblick wurde ihm warm ums Herz. Es war ein leuchtender Knopf, auf dem „Teleportation“ stand.

Konnte er sich damit nach Hause teleportieren? Plötzlich stürmten drei Gestalten in den Raum und brüllten laut. Sofort bekam er Angst. Jetzt musste er schnell handeln. Ohne zu wissen, was passieren würde, drückte er den Knopf.

Es wurde sofort hell, sehr hell. Ein Krachen ertönte, dann verschwand die Helligkeit. Thomas lag auf einmal in seinem Bett. Aber nicht in dem der Zelle, sondern in seinem echten Bett. Er konnte es nicht fassen und begann vor Freude zu weinen. Er schaute auf die Uhr und auf das Datum. Es war Montag früh.

War das alles nur ein Traum oder war es wirklich geschehen?


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