In einer Welt, in der alles durchsichtig war, hatten Häuser keine Türen und Zimmer keine Wände. Stell dir eine riesige Glasstadt vor. Am Anfang fanden es alle perfekt.
Jeder zeigte gern seine schönen Gärten und sein leckeres Essen. Man konnte jeden einfach so sehen, ohne Geheimnisse. Aber diese Offenheit hatte auch Schattenseiten. Jede Macke, jeder Kratzer war sofort sichtbar.
Ein falsches Wort, und schon fingen die Leute an zu reden: Schau einmal, da ist ein Sprung! Manche Kratzer waren winzig, aber in dieser Glaswelt wirkten sie riesig, weil das Licht sich darin spiegelte.
Um das zu vermeiden, putzten die Leute jeden Tag ihre Fassaden. Sie machten alles sauber, bis es glänzte, und versteckten ihre wahren Gefühle, damit niemand ihre Schwächen bemerkte.
Aber je mehr sie glänzten, desto schwerer war es, zu erkennen, was echt war und was nicht.
Eines Tages traute sich eine junge Frau mit ihren Rissen im Glas nach draußen zu gehen. Sie zeigte ihre Fehler nicht, weil sie stolz darauf war, sondern weil sie einfach keine Lust mehr hatte, sich zu verstecken.
Die Reaktionen waren verschieden: Manche waren begeistert, andere verurteilten sie. Aber sie inspirierte andere.
Trotzdem gab es mehr Kritiker als Unterstützer. Da diese Glaswelt nichts vergisst, bleibt die Frage: Soll man wirklich alles zeigen, mit allen Fehlern und Macken, oder sich aus Angst lieber zurückhalten?