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Die Gefühle einer Namenlosen

Tessa Knauss

Splitter! Sie fiel auf den kalten, harten Boden und griff zu ihrem Herzen. Dieses Gefühl kannte sie gut, jenes von Verzweiflung, Angst und Ungewissheit. Es war, als wäre ihr Herz in ihrer Brust zerbrochen. Sie hatte die Einzelteile schon so oft sorgfältig wieder aufgehoben und versucht, sie zu reparieren, doch nach jedem Mal wurde es schwieriger und schmerzhafter. Doch dieses Mal war es nicht so schmerzhaft. War es, weil sie es schon so oft spürte? Doch das war jetzt nicht mehr wichtig. Denn alles, was sie liebte, war verschwunden: Freunde, Familie und sie selbst. Nein, nicht verschwunden. Es ist, als wäre die Schneekugel, in der sie einst lebten, in tausend Einzelteile zersplittert. Freude, Liebe, Hass und noch so viel mehr dieser Gefühle waren für sie nun so unwichtig. Sie brauchte all das nicht mehr. Sie war jetzt nur noch eine leere Hülle ohne Inhalt. Die auf dieser grauen Welt … nein, sie war nicht grau, eher durchsichtig wie Glas. Jeder schaute durch jeden durch, ohne auch nur zu bemerken, dass jemand anderes auch auf dieser Welt existierte. Sie, die immer auf andere schaute und ihnen half, konnte nicht mehr. Sie griff mit ihren kalten, zitternden Händen nach den Scherben, um ihr Herz wieder zusammenzubauen. Jedes Stück, das sie aufhob, schnitt in ihre Hände. Warmes Blut floss über ihre Handflächen. Nun fingen ihre Augen auch noch zum Tränen an und es dauerte nicht lange, bis eine Träne zur nächsten führte. Bevor sie es bemerken könnte, würden die Tränen zu einem hilflosen Schluchzen, als sie feststellte, dass sie ihr Herz diesmal nicht mehr reparieren könnte. Die Verzweiflung, die sie schon so lange spürte, wurde langsam ein Gefühl der Ewigkeit, das sie für immer spüren würde. 


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