Ich wache auf in einem Raum, den ich davor noch nie gesehen habe. Es gibt keine Wände, nur Spiegel. Man blickt in die Unendlichkeit und in sich selbst.
Der Boden ist kalt aber zumindest kein Spiegel. Gestern noch bin ich nach Hause gekommen, habe mich ins Bett gelegt, bin dort eingeschlafen. Jetzt bin ich hier – wie bin ich eigentlich hergekommen? Man würde doch denken, dass man sowas merkt. Oder nicht?
Der Raum gibt mir ein unerklärliches Gefühl. Er bewegt sich – Nein! Er beobachtet mich. So fühlt es sich zumindest an. Beobachtet zu werden fand ich noch nie gut - hier allerdings fühlt es sich anders an. An diesem Ort machen die Gesetze der Realität kehrt. Die Wirklichkeit hat hier keinen Zugang – dieser Ort ist für die Realitätshinterfrager, für die Wirklichkeitsentflieher, für die Träumer. Im Gegensatz zu dem Rest der Welt ist dieser Ort frei von gläserner Verurteilung. Für immer ist ein Ort und er ist hier für mich.
Dann öffnet sich die Tür, ich trete also in den Gang, der aus Glas besteht. Allerdings ist nicht draußen, zumindest sehe ich nichts. Es ist noch Nacht? Risse bilden sich im Glas, also gehe ich schnell weiter. Im nächsten Raum sind die Wände wieder aus Spiegeln aber der Boden aus Glas – jetzt sehe ich auch andere Menschen. Sie sind alle in ihren eigenen Räumen, ich bin am weitesten oben und die anderen scheinen mich gar nicht zu bemerken. Bei näherem Hinschauen merke ich, dass die Wände ihrer Räume auch aus Spiegeln bestehen und nur durch die Decke kann man reinblicken. Sie sehen allesamt gestresst, verzweifelt, ängstlich aus. Verwunderlich und verständlich. Sie erkennen ihre „Fehler“ – sie werden reflektiert und hier haben sie keine Möglichkeit, sie zu ignorieren.
Jedoch denke ich, dass es alles falsch angegangen wird.
Ich sehe mich selbst – überall bin ich selbst. Die Spiegelungen umgeben und umschließen mich. Im Einklang bewegen wir uns – ein tiefliegendes Verständnis macht sich im Raum breit. Dies ist der einzige Ort, an dem ich die Möglichkeit haben einzig und wahr ich selbst zu sein. Es wäre viel zu einfach all das Schlechte zu sehen – so geht es mir jeden Tag, jede Nacht, wenn ich einschlafen will, muss ich drüber nachdenken, was ich alles anders hätte machen können.
Hier ist der einzige Ort, an dem wir allein sind, ohne die Stimmen, die uns sagen, wir sind nicht gut genug. Wir sind, und werden vermutlich immer unser strengster Richter sein. Dieser Ort sollte das jedoch nicht fördern, er sollte uns erkennen lassen, dass es nicht so sein muss. Da es absolut keinen Grund gibt. Den ganzen Tag also verbringe ich in diesem Raum – ich sehe, wie die Menschen unter mir beginnen zu weinen oder zu verzweifeln, doch das ignoriere ich. Erkannt habe ich nach einiger Zeit nämlich, dass nichts und niemand meinen Frieden hier zerschlagen kann – so dachte ich zumindest.
Der Raum fühlt sich nach Leidenschaft, Geborgenheit und Heimat an. Komisch. Es ist doch komisch, oder? So sollte es doch immer sein. Wie kann es denn sein, dass dieser Ort, an dem ich noch nie war, als jemand der nicht gerne neue Orte besucht, mir dieses Gefühl gibt. Dieses unfassbar Euphorische Gefühl, wie ich es noch nie verspürt habe. Das hier ist mein Paradies, mein Utopia, mein Elysion.
Dann: Schatten werden geworfen. Jemand ist hier. Hier in meinem Paradies.
Weg! Weg!! Es schwindet nicht; dann bemerke ich, aber es ist zu spät.
Der Hammer schwingt. Glaß zerbricht fies. Es versinkt. Mein Paradies.
Ich wache auf, in meinem Zimmer.