fbpx

Gerade aus

Alina Katharina Raith

Der Tag begann mit Licht 

Sonnenstrahlen durchbrachen die Dunkelheit

Rot und orange

Grün und gelb

Meine Augen geblendet

Mein Herz erhellt.

Ich lebte den Tag wie den letzten

Jeden von ihnen gleich

Immer dasselbe

Immer wiederholt

Wie eine Schleife

Endlos, beständig, perpetuell

Immer dasselbe

Ich sah die gleichen Leute

Sah dieselben Häuser

Dieselbe Kerze erhellte die Nächte

Auf meinem Weg, der immer gleichblieb

Ich wagte keinen Schritt zur Seite

Keinen Schritt zurück

Nur nach vorne

Immer weiter wie in einer Blase

Meine eigene kleine Welt

Nur das, was ich kannte, existierte

Nur diese Straßen

Auf denen ich wandelte wie ein Geist

Meine Armbanduhr war stehengeblieben

Ich brauchte sie nicht

Die Vögel flogen in den Süden

Das Gezwitscher weckte mich nun nicht mehr auf

Um zwei Minuten nach Fünf

Die Tage wurden kälter

Und mit ihnen mein Herz

Doch der Weg blieb gleich

Zwei Mal links, dann rechts

Geradeaus, dem Bach entlang

Der das Wasser führte mit einem sanften plätschern

Das sich in der Ferne verlor

Zwischen der Allee aus Kastanienbäumen

Die ihre Früchte nicht mehr trugen

Das Rascheln der Blätter,

Als ich sie in den Boden trat

Die ersten Schneeflocken fielen

Kalt in mein Gesicht

Wärmten sich an meinen Händen

Wie Motten auf dem Weg zum Licht

Der Weg blieb gleich

Zwei Mal links, dann rechts

Gerade aus, dem Bach entlang

Dessen Wasser gefroren war

Und sich sanfte Risse auf der Oberfläche bildeten

Zwischen der Allee aus Kastanienbäumen

Die ihre Blätter nicht mehr trugen

Und zwischen denen sich meine Spuren

Durch die Schneeschicht zogen

Nächster Tag, selbes Spiel

Gleicher Weg, wieder Schnee

Weg hin, Weg zurück

Zündete die Kerze an

Doch dann

Der Docht versank im Wachs

Die Flamme sprang nicht über

Die Nacht blieb kalt

Und ich fühlte mich einsam, so allein

Ohne die sonst so flackernde Kerze

Kein Auge tat ich zu

In dieser kalten Nacht

Die Decke, sie wärmte mich nicht

Das Kissen, es wog mich nicht

Die Träume, sie kamen nicht

Diese Träume, auf die ich wartete

Jeden Tag, jede Nacht

Sie waren bunt, sie waren frei

Ich träumte von dem Meer

Das Schaukeln, ein ewiges hin-und-her

Fühlte mich geborgen

Ein einziges Boot

In der großen weiten See

Und ich ließ mich treiben

Hinaus in die Ferne

Hinweg von dem, was ich kannte

Zu dem Ort an dem ich glücklich war

Ein Ort von Glück und Hoffnung

Das träumte ich

Doch nicht diese Nacht

Diese Nacht blieb ich allein

In der Dunkelheit

da wo ich wollte, konnte ich nicht sein

Die Nacht ging über in den Tag

Die Grenze verschwamm

Aus Tagen wurden Wochen

Vielleicht Monate, ich wusste es nicht

Mein Weg blieb gleich,

Zweimal links, dann rechts

Gerade aus…

Dem Bach entlang

Dessen plätschern meine Gedanken nicht übertönen konnte

Je schneller ich ging

Desto lauter wurden sie

Bis ich rannte

Und ich rannte

Weg von mir selbst

Weg von der Welt

Durch die Allee aus Kastanienbäumen

Fühlte mich wie einer dieser Äste

Immer enger schienen sie zu rücken

Auf mich zu, Zerdrückten mich

Immer weiter

Immer schneller

Und es regnete auf mich herab

Die Scherben meiner Welt

Splitter wie Glas

Bohrten sich in mein Herz

Verfehlten es knapp

Hilflos lag ich da

Zwischen den Kastanienbäumen

Die bedeckt waren mit Blüten

Und eine der Blüten

Sie löste sich

Fiel langsam

Von der Baumkrone

Direkt

In mein Gesicht

Das Kitzeln war etwas Neues

Etwas anderes

Ich lag nur da

Die Blüte auf mir

Zwischen den Scherben

Meiner gläsernen Welt

Die Blume verwelkte

In meinem Krug voller Wasser

Ich holte keine neue

Blumen waren vergänglich

Wie die Zeit

Die immer weiterlief

Stoppen war keine Option

Mein Pfad erschien auf einmal klar

Ich ging meinen Weg

Zweimal links, dann rechts

Und dann

Ich zögerte

Ich wählte rechts


KONTAKT info.literatur@ortweinschule.at

KONTAKT
info.literatur@
ortweinschule.at

Sponsoren