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Randvoll

Mit 10 habe ich mir und meiner Mama versprochen, nie erwachsen zu werden. Ich wollte nicht älter werden. Mittlerweile bin ich schon ganze 18 Jahre alt. Ich habe viele Freunde und bin kurz vor meiner Matura. Auch wenn ich noch nicht einmal fertig mit der Schule bin, fühlt sich mein persönliches Glas schon so an, als wäre es bis zum Rand gefüllt.

Jede Erwartung, jede Prüfung, jeder Gedanke an die Zukunft ist wie ein weiterer Tropfen, der das Glas anhebt. Mal ist es ein klarer Tropfen, schöne Momente, in denen das Glas glänzt. Mal ist es ein trüber Tropfen, der die Sicht verschwimmen lässt. Und manchmal ist es ein Tropfen zu viel, sodass ich fürchte, das Glas könnte überlaufen.

Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass alle um mich herum ständig in mein Glas hineinschauen können. Lehrer wollen sehen, ob genug Leistung darin schwimmt. Eltern prüfen, ob Verantwortung und Vernunft Platz gefunden haben. Freunde werfen neugierige Blicke, ob Spaß und Freiheit nicht zu kurz kommen. Ein gläsernes Leben eben.

Doch vielleicht ist es genau das, was Erwachsenwerden bedeutet. Zu lernen, wie man sein Glas hält, ohne dass es zerspringt. Manchmal darf man es kippen, ein wenig ausschütten, um Platz für Neues zu schaffen. Und manchmal muss man einfach beide Hände darumlegen, damit es nicht aus der Balance gerät.

Mein Glas mag voll sein, aber es ist meins. Und vielleicht geht es nicht darum, es vor dem Überlaufen zu bewahren, sondern darum, bewusst zu entscheiden, womit ich es fülle.


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