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Hinter dem Glas (1)

Die Welt ist hell geworden – nicht, weil die Sonne scheint, sondern weil nichts mehr im Dunkeln liegt. 

Wir leben in Häusern aus Glas. Unsere Worte, unsere Bilder, unsere Gedanken – alles sichtbar, alles gespeichert.

Ein Like ersetzt ein Lächeln, ein Kommentar ein Gespräch. Wir zeigen uns, um nicht zu verschwinden.

Und doch verschwinden wir. Stück für Stück. Hinter Profilbildern, hinter perfekt inszenierten Momenten,

hinter der Angst, vergessen zu werden, wenn wir nicht ständig sichtbar sind.

Sie sitzt da, das Handy in der Hand, die Kamera offen.

Lächelt. Noch ein Selfie. Noch ein Stück von sich.

Im Spiegel sieht sie sich selbst nicht mehr – nur noch das Bild, das andere sehen sollen.

Privat ist ein Wort aus der Vergangenheit.

Heute bist du nur echt, wenn du dich zeigst. Und nur sicher, wenn du nichts zu verbergen hast.

Doch wer nichts zu verbergen hat, hat vielleicht auch nichts mehr, das nur ihm gehört.

Eine gläserne Welt –

klar, kalt, kontrolliert.


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