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Ich wünschte ich wäre schön.

Ich wünschte ich wäre schön. 

Verdammt, ich wünschte ich wäre schön!

Ach wie ich wünschte, ich wäre schön, so schön, dass man nur MICH anschauen konnte, niemanden sonst nur mich. Das keiner auch nur auf die Idee kommen würde, mich einfach irgendwo so unpersönlich stehen zu lassen.

Ich will nicht alleine sein, nein, ich will nicht mehr alleine sein.

AUF GAR KEINEN FALL!

Alleine zu sein, ist nämlich Mist!

Ständig werde ich stehengelassen und keiner interessiert sich genug für mich. Ich täte alles, wirklich alles, meinetwegen sogar, mit dem schrecklichsten, übelsten, stinkenden Alkohol, den sich alte Männer in ihren letzten Lebensjahren, mit großen Bierbäuchen und Bärten, in denen sich mehr als nur 20 Jahre abgewischter Popel verstecken und eine Familie gegründet haben, in Kontakt zu treten, nur damit ich so sein kann wie alle anderen.

Aber wenn man so darüber nachdenkt, ist das schon mehr als traurig, was man tun würde, um gemocht zu werden. Egal, alles dafür PERFEKT zu sein, BELIEBT und GEMOCHT!

Wenn ich die anderen anschaue, dann weiß ich gar nicht was ich eigentlich falsch gemacht habe. Sie sind so dünn, schlank, groß, zärtlich, elegant, ausgefallen, färbig und dekoriert bis zum geht nicht mehr! Warum kann ich das nicht sein? Ich könnte Teller Yoga probieren, aber die Teller würden mich dafür nur noch mehr auslachen, als sie es eh schon tuen.

Sie lästern hinter meinem Rücken mit den Biergläsern, Teetassen, Weingläsern, Sektgläsern und den weißen Porzellan Krügen, oben im rechten Regal, zweite Etage links. Sogar ihre Nachbarn, die Stanley Cups, die neuen Trinkbehälter für alles, lachen über mich.

Sie lästern, über das arme alte Wasserglas mit dem gewölbten Körper, aus dem nur die Leute trinken, die auf Diät gehen wollen.

Das keiner ansieht, weil es so normal ist, dass keiner Motivation bekommt, hydriert zu bleiben.

Ich habe sie noch nie gehört, aber bei den Blicken, die sie mir zuwerfen, machen sie das sicher. Ich brauche keine Bestätigung ich weiß selbst, dass ich nichts Besonderes bin, solange ich nicht dünner und ausgefallener werden kann.

Und das kann ich nicht. Werde ich nie können. Und dass macht mich fertig. Ich habe mir nie gewünscht ein Wasserglas zu sein, nie und jetzt kann ich nicht gegen das tun.

Die Porzellan Schale gegenüber, hatte dasselbe Problem, dann stürzte sie sich den Tisch hinunter, wurde wieder zusammengeklebt und mit goldenen Strichen bemalt. Seitdem ist sie ein Hingucker und wird den Gästen der Hausbesitzer mit Stolz hergezeigt.

Wenn das wirklich die einzige Möglichkeit ist, so verändert zu werden, dass ich wirklich da zupasse, dann ist es halt so. Ränder zu und durch!

Ich fing an herumzuwackeln und an den Rand meines Untergrunds zu rutschen.

Als ich von der riesigen Kommode fiel, sah ich mich das erste Mal im Spiegel, der gegenüber meines Möbelstückes aufgehängt war und für einen Moment, einen ganz Kurzen, dachte ich würde schweben. Die letzten Sonnenstrahlen schienen warm durch die mit bunten Rosetten beklebten Fenster und deren Licht bündelte sich in meinem Körper und zerbrach in hunderte und abermals hunderte Farben.

Das letzte, was ich von mir sah.

Ein Glas, dass für kurze Zeit in einem Peter Pan Stil, zu fliegen schien und in allen wunderbaren Farben des Regenbogens leuchtete.

Mein letzter Gedanke war etwas, mit dem ich mich selber überraschte und meine unruhigen, schmerzlichen Unsicherheiten waren so, als wären sie nie vorhanden gewesen und erst jetzt bemerkte ich, wie idiotisch ich doch gewesen war.

„Ich bin ja DOCH schön…“

KLIRRRRRRRRR

Ein Glas zu sein, ist nicht immer einfach, und ein Mensch zu sein, erst recht nicht.

Wenn schon ein Glas, Probleme hat, sich selbst zu akzeptieren, mit allen Rundungen und seiner Zerbrechlichkeit und von seiner Umgebung so beeinflusst wird, dass es sich selbst nicht mehr zu kennen scheint, wie schwer kann es für uns Menschen sein uns zu akzeptieren, wie wir sind?

In der heutigen Welt geprägt von Idealen, die keine Idealen sind.


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