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Wenn die Transparenz zerbricht

Eine Welt, in der alle Menschen durchsichtig sind, klingt das nicht wunderbar? Ein Ort, an dem nur die Wahrheit gesprochen werden kann, egal was passiert, egal unter welchen Umständen niemand kann die Wahrheit beugen. Aber ist das ein Segen oder ein Fluch? So ist es in der Zukunft. Nach Jahren voller Lügen wusste niemand mehr, was wahr war. Bis eines Tages die Regierung nach langer Forschung einen Weg fand, dieser Sünde ein Ende zu setzen Ein kleiner Chip, der jede Lüge unmöglich machte. Zuerst waren die Menschen glücklich. Sie dachten, ohne Lügen würde Frieden herrschen keine Kämpfe mehr, keine Konflikte, keine Kriege. Eine transparente Welt war der Menschheit überlassen worden, und es fühlte sich wie ein Segen an. Die Straßen waren glatt wie Glas, die Menschen gingen leise nebeneinanderher, alle trugen dieselbe unsichtbare Maske. Gedanken flackerten wie Glühbirnen über ihren Köpfen, Lügen waren unmöglich, jeder wusste, was die anderen wirklich dachten. Doch eines Tages glaubte Mara, für den kürzesten Moment etwas in den Augen eines Fremden zu sehen, das nicht durchsichtig war. Sie waren dunkel wie ein Schatten und dieser Schatten war gefährlicher als jede Lüge. Als Mara die Augen des Fremden sah, spürte sie etwas in sich aufkeimen. Sie begann, am System zu zweifeln. Hatten die Regierungsbeamten selbst auch diesen Chip? Wer setzte das alles durch? Und wie konnte man daraus ausbrechen? Schnell rief sie ihre Freunde Keith, Sarah, Yuki und Maria an. Sie trafen sich in ihrem Stammlokal, einem kleinen Café. Dort erzählte Mara ihnen, was sie wirklich fühlte, denn das war alles, was sie konnte. Sie berichtete von den Augen des Fremden und von ihren Zweifeln am System, in der Hoffnung, dass ihre Freunde sie nicht für verrückt hielten. Je mehr sie sprach, desto eher verstanden sie, dass sie einen Punkt hatte, Warum mussten nur die Bürger den Chip tragen, nicht aber die Herrschenden? Was könnten diese verbergen, dass sie es ihrem Volk, ihrem Land, der Welt nicht sagen durften? Yuki drängte noch stärker als die anderen und fragte „Aber was, wenn wir es gar nicht wissen sollen?“ Plötzlich brach Sarah zusammen und gestand, dass sie den Grund kenne ihre Eltern arbeiteten für den Kongress. Die Wahrheit war Der Chip sollte nicht Lügen oder Verbrechen verhindern. Er sollte Liebe, Geheimnisse und Bindungen auslöschen. Denn wenn Menschen lieben, widersetzen sie sich der Kontrolle und Liebe war in den Augen der Regierung die letzte echte Form von Rebelion. Sarahs Geständnis schockierte die Gruppe. Traurigkeit und Verrat erfüllten das Café nicht wegen des Geheimnisses, sondern weil es bedeutete, dass Sarah in einer Welt, in der Lügen unmöglich waren, selbst eine Lüge gelebt hatte. Nach Sarahs Geständnis fühlte sich die Gruppe zerbrochen. Doch Keith bemerkte etwas Merkwürdiges Die Chips begannen zu flackern. Je mehr sie über Liebe, Vertrauen und gemeinsame Erinnerungen sprachen, desto schwächer wurden die Chips. Sie verstanden, dass die Regierung die Chips geschaffen hatte, um Nähe zu verhindern. Aber das System war nicht perfekt ist es nie. Echte menschliche Verbindung störte es. Statt sich zu verstecken, blieben sie im Café. Sie lachten unter Tränen und wagten es, die Worte zu sagen „Ich liebe dich. Ich wähle dich. Ich erinnere mich an uns.“ Zum ersten Mal seit Jahren fielen die Überwachungskameras im Café aus. Draußen flimmerte die transparente Welt wie ein Vorhang, der eines Tages fallen könnte.


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