„Als nächstes in das Spiegellabyrinth!“, bestimmt meine kleine Schwester, während sie noch schwankend und voller Adrenalin von der Achterbahn herunter torkelt. Zielstrebig greift sie nach meiner Hand und zieht mich ungeduldig zu dem von außen farbenfrohen kleinen Haus gefüllt mit Spiegeln. Auf dem großen Schild über der Kassa steht mit handgeschrieben „Heute nur 2 €!“. Schnell stellen meine voller Vorfreude platzende Schwester und ich uns bei dem älteren Mann an und bezahlen unser Ticket. Er lächelt uns freundlich an und deutet zu dem durch zwei Flügeltüren verschlossenen Eingang. Als ich eine Seite der Tür für meine aufgeregte Schwester aufhalte, quietscht sie leise und hinterlässt einen dünne Staubfilm auf meinen Fingern. Aus dem Raum leuchten grelle , bunte Lichter und man kann den hallenden Nachklang der Stimme meines Geschwisterchens hören. Sie düst bereits sorgenlos in dem Labyrinth herum. Langsam setzte ich einen Fuß vor den andern in der Hoffnung nicht an einen Spiegel zu stoßen. Immer wieder erklingt die Stimme meiner Schwester, welche mich wiederholt beschwingt zu sich ruft. Plötzlich wie aus dem nichts, schalten sich die Scheinwerfer aus. Ich zucke vor Schreck zusammen und meine Beine erstarren. Auf einmal kreischt meine Schwester mit hoher Stimme. Sie reagiert nicht auf meine fragenden Rufe und Panik bricht in mir aus. „Ist ihr etwas passiert?“ „Was wenn sie sich verletzt hat?“ So schnell wie noch nie renne ich mit den Armen nach vorne gestreckt los und versuche irgendwie zu ihr zu finden. Links und rechts von mir nur Spiegel in denen man keine Reflektion mehr sah, da es zu finster war. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und ich wurde immer schneller. Nochmals rufe ich hilflos ihren Namen und diesmal erwidert meine Schwester mit einem leisen „Ja“. So kann ich die Richtung ungefähr definieren, wo mein Geschwisterchen sein könnte. Darauf hin laufe ich sofort rasch weiter zu ihr. Mit geneigtem Kopf suche ich hektisch nach einem kleinen sitzendem Mädchen am Boden. Auf einmal vernehme ich ein kaum wahrnehmbares Schluchzen nicht weit von mir. Ich kniee mich hin und krabble auf allen Vieren weiter. Da sitzt sie. Mit verweinten und ängstlichen Augen schaut sie mich an. Erleichtert fallen wir uns in die Arme und drücken uns noch ein bisschen stärker als sonst. Hand in Hand tasten wir uns zusammen zum Ausgang vor als auch das Licht wieder die Dunkelheit verdrängt. „Auf diesen Schock gönnen wir uns jetzt ein großes Eis!“, biete ich meiner Schwester an. So gut hat schon lange kein Eis mehr geschmeckt.