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Kein Ort ohne Augen

Ich gehe durch mein Haus, ich gehe ein und aus. Jeder Schritt wird beobachtet. Jeder Schritt wird überwacht. Alles, was ich tue, ist durchsichtig, ist gläsern, egal, wie dick die Wand zwischen mir und der Außenwelt sein mag.  

Jede Handlung kommt ans Licht. Meine Privatsphäre gibt es nicht.

Sie ist ein Relikt aus der Vergangenheit, von dem nur noch Erinnerungen bleiben.

Mit der Zeit mehr Kameras, mit der Zeit mehr Mikrofone, mit der Zeit mehr Überwachungsmöglichkeiten.

Was man sagt, wird aufgenommen, was man tut, wird festgehalten.

Bin ich denn noch ich, wenn ich ständig unter Beobachtung stehe?

Egal, was ich tue, sie sehen mich, sie kennen mich; besser als ich mich selbst.

Ich bin für sie durchsichtig, ein offenes Buch.

Das sind wir alle.

Ich frage mich, wann das alles begonnen hat. War es, als wir uns kleine, sprachgesteuerte Assistenten ins Haus geholt haben, oder war es der Moment, in dem wir unser Gesichter analysieren ließen, nichtsahnend, um Anmeldungen von Geräten einfacher zu machen?

Es muss wohl ein Mix aus allem sein.

Das alles geschah sicher auch nicht plötzlich, vielleicht entstand es durch das andauernde Zustimmen zur Nutzung unserer Daten.

Manchmal wünschte ich, ich hätte mir das Leben nicht so einfach machen wollen.

Manchmal wünschte ich, mir wäre bewusst gewesen, für was meine Daten in Wirklichkeit eingesetzt werden würden.

Ich wünschte mich zurück in die Zeit, als ich noch verschwinden konnte, nicht ständig gesehen wurde.

Ich wünschte mich zurück in die Zeit, als es noch Schatten gab, in denen man nicht gesehen wurde.

Jetzt gibt es keine Schatten mehr.

Die Welt besteht aus Spiegeln, Linsen und Glas.

Was ich tue, wird mir tausendfach zurückgeworfen.


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