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Der Mensch als Ausstellung

Marco Stiegler

Der Mensch möchte gesehen werden. Er wünscht sich, dass andere ihn wahrnehmen, ihm zuhören und ihm Aufmerksamkeit schenken. Dieses Bedürfnis steckt tief in uns, weil wir dazugehören und verstanden werden wollen. Früher geschah das in echten Begegnungen wie zum Beispiel bei Gesprächen am Küchentisch oder beim Spaziergang mit Freunden. Heute passiert das oft online. Wir posten Bilder, Gedanken und Gefühle und das manchmal, ohne darüber nachzudenken.

Was früher privat war, ist heute öffentlich, ein Foto vom Frühstück, ein Streit oder ein trauriger Moment. Das alles ist mit einem Klick für viele Menschen sichtbar. Manche merken gar nicht mehr wo die Grenze liegt. Sie zeigen ihr Leben wie in einer Ausstellung hinter einer Vitrine. Man sieht sie, aber man kommt nicht wirklich zu ihnen durch. Diese Glaswände sind komisch. Man kann hindurchschauen, aber nicht hindurchgehen. Man sieht das Gegenüber, aber nicht den echten Menschen dahinter.

Und während wir teilen, hinterlassen wir Spuren. Jeder Klick, jeder Beitrag und jede Suche speichert etwas von uns. Diese Daten erzählen viel, wie zum Beispiel, was wir mögen, was wir denken und wo wir sind. Daraus entsteht eine digitale Version von uns. Ein zweites Ich, das uns begleitet, bewertet und beeinflusst. Manchmal wissen Firmen mehr über uns als unsere engsten Freunde.

Der sogenannte Datenschutz soll uns schützen, aber viele wissen gar nicht wie. Die langen Erklärungen liest kaum jemand, dabei ist es wichtig, bewusst zu entscheiden, was man zeigt und was man lieber für sich behält.

Vielleicht sollten wir wieder lernen die Füße still zu halten. Nicht alles muss geteilt werden, manche Gedanken sind deswegen wertvoll weil sie niemand kennt.


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