Manchmal stelle ich mir vor, jeder Mensch wäre ein Fenster in einem riesigen Wolkenkratzer. Wir sehen diesen genau vor uns, mit großen und kleinen Fenstern. Manche Fenster sind geschlossen, die blickdichten Vorhängen sind zugezogen. Andere sind gekippt und manchmal auch geöffnet. Wieder andere haben hübsche Vorhänge, die jedem gefallen. Doch die Vorhänge bleiben zugezogen, damit das Durcheinander im Inneren verborgen bleibt. Manchmal springt eine Fensterscheibe, manchmal zerbricht sie ganz. Die meisten rufen dann einen Glaser, doch manche müssen die Scherben selbst aufheben und zusammenkleben. Diese Fenster sind danach oft dünner, nicht so schön wie die anderen-aber trotzdem halten sie, fast wie durch Magie, ein bisschen besser als zuvor. Wir alle sehen also diese vielen, ganz unterschiedlichen Fenster vor uns, doch unser eigenes sehen wir nie. Deshalb frage ich mich oft, wie meines aussieht.
Vielleicht würde es mir nicht gefallen. Wahrscheinlich wäre es viel zu bunt, einfach zu beladen und im April geschmückt mit Lichterketten. Im Winter stünde es weit offen und im Sommer wäre es fest verschlossen. So verschwendet es die Energie aus dem Inneren, die Wärme und versäumt es die Luft hereinzulassen, die es eigentlich so dringend bräuchte um von innen zu strahlen. Ich hätte gerne schöne Vorhänge, die jedem gefallen und die ich einfach schließen kann, damit mein Fenster anderen gefällt. Doch mein Fenster gefällt den meisten nicht, entweder lachen sie über das komische Aussehen oder sie übersehen es absichtlich, bis sie schließlich vergessen, dass es überhaupt da ist.
Letztendlich sind wir alle gefangen in unserem Raum hinter dem Fenster, können niemanden hereinbitten, nur unser Fenster anders gestalten und das wieder und wieder. Und so sehr wir uns auch bemühen, hinter den Vorhang der anderen zu blicken, bleibt das meiste doch verborgen, verborgen hinter bunten Vorhängen.