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Die echte Welt

Kenan Hasovic

Ein Schimmer liegt auf allen Dingen, 

so klar, dass wir uns selbst durchdringen.

Die Mauern, einst so fest, so grau,

sind durchsichtig – man sieht genau.

Man sieht die Lügen, die wir weben,

die Schatten, die im Lichte beben,

man sieht das Herz – doch fühlt man’s noch?

Den schönen Duft, den man eins noch roch.

Die Fenster sind zu Spiegeln worden,

die Seelen glänzen ohne Orden.

Ein Blick genügt, um bloß zu sein –

doch keiner schaut sich wirklich ein.

Die Stimmen hallen, leise, heiter,

durch Netze, Knoten, Datenseiter.

Ein Funke fliegt von Herz zu Herz,

doch Glas dämpft jeden echten Schmerz.

So leben wir in hellen Räumen,

in offenen, kristallnen Träumen,

und wünschen doch – ganz heimlich, sacht –

ein wenig Dunkel, ein wenig Nacht.

Denn nur, wo Glas zu Nebel fällt,

atmet noch warm – die echte Welt.


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